Die Welt befindet sich in einem stetigen Wandel – wir befinden uns in einem stetigen Wandel – aber auch Unternehmen befinden sich in einem stetigen Wandel, entwickeln sich weiter und müssen auf Veränderungen auf dem Markt reagieren 6. Es ist ein dynamisches und ökonomisches Denken und Handeln gefordert 1.

Organisatorische Veränderungen sind durch verschiedene Faktoren bestimmt. Dass insbesondere auch emotionale Intelligenz hierbei eine wichtige Rolle spielen kann, soll Ihnen dieser Artikel näherbringen. Doch fangen wir erst einmal von vorne an:

Was bedeuten Veränderungsprozesse für Unternehmen?

Unternehmen haben zu Beginn einen stabilen Zustand. Sobald ein fremdes Element auftaucht, in Form einer Veränderung in der Unternehmensstruktur, -kultur oder Arbeitsweise, reagieren Menschen instinktiv mit Skepsis, Widerstand und Angst – mit Emotionen 2. Satirs Modell für Veränderungen zeigt, dass in Veränderungsprozessen im Laufe der Zeit, die Leistung von Personen zunächst aufgrund von Widerstandsreaktionen gegenüber der Veränderung rapide abnimmt.

 

Satirs Modell

 

Chaos kann ausbrechen. Erst nach einer langen, ineffizienten Phase wird eine transformierende Idee langsam akzeptiert und integriert, sodass die Leistung wieder ansteigt und sich zu einem neuen höheren stabilen Zustand entwickelt. Widerstandsreaktionen von Mitarbeitenden sind normal und meist abzusehen, da Veränderungen oftmals mit Ängsten, Unsicherheiten und Unverständnis einhergehen. Change Management Maßnahmen helfen dabei diesen emotional konnotierten Widerstand und das damit einhergehende Chaos auf ein Minimum zu reduzieren, sodass die Leistungen während eines Veränderungsprozess gar nicht erst absinken. Die Integration neuer Ideen kann reibungslos und fließend ablaufen. So weit, so gut. Das ist vermutlich nichts bahnbrechend Neues für Sie. Doch was ist emotionale Intelligenz und wie lassen sich Change Management Maßnahmen konkret durch emotionale Intelligenz erfolgreich gestalten?

Was ist emotionale Intelligenz?

Vielleicht haben Sie schon einmal etwas von emotionaler Intelligenz gehört. Vielleicht stellen Sie sich jetzt aber auch die Frage: Intelligenz und Emotionen, wie passt das denn zusammen?

 

„Intelligenz ist die Fähigkeit eines Menschen zur Anpassung an neuartige Bedingungen und zur Lösung neuer Probleme auf der Grundlage vorangehender Erfahrungen im gesellschaftlichen Kontext“ (Wild & Möller, 2015, S. 29)7.

 

Intelligente Personen können sich also aufgrund von bestehendem Vorwissen besser an neue Situationen und Umstände anpassen und zielgerichtet agieren. Intelligenz scheint folglich schon einmal relevant zu sein, um mit Veränderung, auch im Organisationszusammenhang umzugehen, ohne dabei an Effizienz zu verlieren. Doch wie lässt sich nun der Bogen zu Emotionen spannen? Personen, die über eine hohe emotionale Intelligenz verfügen, wird die Eigenschaft des intelligenten Umgangs mit menschlichen Emotionen zugeschrieben5. Emotional intelligent bedeutet die eigenen Emotionen wahrnehmen zu können (Selbstwahrnehmung), diese zu regulieren (Selbstmanagement), Emotionen anderer Menschen wahrzunehmen (soziales Bewusstsein) und einordnen zu können (Beziehungsmanagement). Goleman3 fasst die Charakteristika emotionaler Intelligenz in vier Quadranten zusammen:

 

Emotionen
(Quelle: vgl. Goleman et al., 2002)

 

Emotionale Intelligenz kann in Change Prozessen dabei helfen, positive wie auch negative Emotionen von Mitarbeitenden wahrzunehmen und zu verstehen, auf diese einzugehen und proaktive Konfliktlösungen zu finden. Also sollte emotionale Intelligenz in einem Change implementiert werden, nicht wahr?

Welche Rolle spielt emotionale Intelligenz im Change?

Aufgrund zunehmender Digitalisierung und einer gefühlten Entfremdung durch fehlende persönliche Begegnungen, wird das Zeigen, Wahrnehmen und Ernstnehmen von Emotionen in Unternehmen stets relevanter4. Viele Projekte und Veränderungen in Unternehmen scheitern, da emotionale Komponenten vernachlässigt werden. Es fehlt an Verständnis für die emotionale Lage der anderen Person, an Vertrauen und an Reflektion über emotionale Reaktionen gegenüber einem Change. Dies kann durch emotional intelligentes Change Management verhindert werden. Dabei ist es wichtig zu verstehen:

„Emotionen steuern menschliches Verhalten und menschliches Verhalten steuert Organisationen.“ (Gölzner & Meyer, 2018, S. 21)4

 

Ohne Emotionen im Unternehmenskontext miteinzubeziehen, geht die Formel für Veränderungen und Weiterentwicklung in Organisationen nicht auf. Wie können Sie nun konkret emotional intelligent im Change agieren?

Alles beginnt mit der Selbstwahrnehmung!

Um Emotionen zu regulieren und zielgerichtet einzusetzen, ist es zunächst erforderlich eigene Gefühle wahrzunehmen, zu verstehen und einzuordnen. Nehmen wir den Urinstinkt der Angst als Beispiel: Sie befinden sich abends auf Ihrem Heimweg. Sie sind zu Fuß in einer dunklen Straße unterwegs und verspüren Angst. Diese Emotion warnt Sie instinktiv vor einer Gefahr, da Sie Unbehagen verspüren und am liebsten wo anders wären. Angst gibt Ihnen dann das Signal „weg hier“ und verleitet Sie zu einer Flucht. Was passiert nun, wenn Menschen Angst vor einer Veränderung verspüren? Der Urinstinkt signalisiert erneut, dass eine Flucht erforderlich sei – Menschen verschließen sich gegenüber einer Veränderung oder rennen sogar buchstäblich vor ihr weg. Sind Sie in der Lage Emotionen richtig wahrzunehmen und zu verstehen, können Sie sie zum einen besser regulieren, zum anderen aber auch mehr Verständnis gegenüber anderen Menschen aufbauen und sie in ihrer emotionalen Lage besser begleiten. Dadurch wird Vertrauen und Empathie gestärkt.

Empathie zeigen und Vertrauen aufbauen!

Emotional intelligente Leitbilder, die mit gutem Beispiel voran gehen und das Change Projekt zugänglich machen, sind ein entscheidender Erfolgsfaktor. Führungskräfte sollten gleichermaßen die Unternehmensziele, wie auch die Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigen.3 Mitarbeitende müssen sich „abgeholt“ und in den Prozess eingebunden fühlen. Und wenn ich Mitarbeitende schreibe, meine ich alle Mitarbeitende. Die Kommunikation über den Change Prozess ist dabei entscheidend. Ein reiner Informationsaustausch reicht jedoch nicht aus, es muss auch auf emotionaler Ebene kommuniziert werden.

(Emotionale) Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg!

Gründe für eine Veränderung müssen zielgruppenorientiert vermittelt werden. Dabei muss auf Fragen und Ängste eingegangen werden. Emotionen sind real und begründet und müssen als solche wahrgenommen werden. Emotionale Intelligenz hilft dabei, das menschliche Verhalten, Abwehr- oder Widerstandsreaktionen zu verstehen und darauf entsprechend zu reagieren. Indem Mitarbeitenden gezeigt wird, dass Emotionen auch im Unternehmen in Ordnung, sogar gewünscht sind, werden Hemmungen genommen, die ansonsten zu Frustration führen können. Indem die Sinnhaftigkeit eines Changes erklärt wird und gezeigt wird, dass damit stets Emotionen verbunden sind, lässt sich ein offener Austausch kreieren. Dabei sollten Chancen und Erfolge, aber auch Ängste und Bedenken besprochen werden.

Hindernisse und Herausforderungen thematisieren!

Veränderungen bedeutet für viele Menschen bisher noch immer eines, nämlich Angst. Diese Emotion ist eine natürliche und nachvollziehbare. Der richtige Umgang mit ihr wird im Change essentiell. Es ist unvermeidlich, dass Personen unzufrieden und sauer sein werden, wenn Veränderungen geschehen. Diese Reaktionen dürfen nicht ignoriert, sondern müssen thematisiert und aufgegriffen werden. Denn diese Emotionen werden vermutlich noch bei anderen Mitarbeitenden vorhanden sein. Auch Probleme im Change Projekt sind nicht unüblich und auch hier spielen Emotionen eine wichtige Rolle. Emotionen sollten in diesem Zusammenhang genutzt werden, um proaktiv Lösungen zu erarbeiten und neue Perspektiven zu finden.

 

 

Fazit: „The soft stuff is hard“2 but so important!

Abschließend lässt sich festhalten, dass emotionale Intelligenz wichtiger im Unternehmenskontext und im Change ist, als vielleicht vermutet. Es zeigen sich deutliche Vorteile für Change Prozesse, sofern emotional intelligent agiert wird2. Diese Kompetenzen auszubauen ist jedoch nur durch eine ehrliche Selbstwahrnehmung und Reflexion möglich und ist deshalb für viele Menschen gar nicht so einfach umzusetzen. Doch es lohnt sich!

Falls Sie bisher noch nicht überzeugt von der Relevanz emotionaler Intelligenz sind, hier noch ein kleiner Denkanstoß: Mit zunehmender Technologisierung und Digitalisierung, werden einfache Aufgaben von Menschen durch Maschinen und automatisierte Prozesse ersetzt. Menschen verlieren an Produktivität, gar an Relevanz. Aber eine Sache wird uns stets von der Maschine unterscheiden: unsere Emotionen. Und den intelligenten Umgang damit, wollen Sie doch bestimmt nicht vernachlässigen, oder?

 

 

 

Quellen

1Bosley, I., & Kasten, E. (2018). Emotionale Intelligenz. Ein Ratgeber mit Übungsaufgaben für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Berlin: Springer Verlag.

2Breuer, J. P., & Frot, P. (2010). Das emotionale Unternehmen Mental starke Organisationen entwickeln Emotionale Viren aufspüren und behandeln. Wiesbaden: Gabler Verlag.

3Goleman, D., Boyatzis, R., McKee, A. (2002): Emotionale Führung. Berlin: Ullstein

4Gölzner, H., & Meyer, P. (2018). Emotionale Intelligenz in Organisationen. Der Schlüssel zum Wissenstransfer von angewandter Forschung in die praktische Umsetzung. Wiesbaden: Springer VS.

5Lee, H. J. (2018). How emotional intelligence relates to job satisfaction and burnout in public service jobs. International Review of Administrative Sciences, 84(4), 729-745. doi: 10.1177/0020852316670489.

6Vakola, M., Tsaousis, I., & Nikolaou, I. (2004). The role of emotional intelligence and personality variables on attitudes toward organisational change, Journal of Managerial Psychology, 19(2), 88-110.

7Wild, E. & Möller, J. (2015). Pädagogische Psychologie. Göttingen: Springer.

 

 

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